RESEARCH

Bei der Gesamtzahl der angemeldeten Patente liegt Deutschland auf Platz eins, doch in Relation zur Bevölkerungsgröße nur auf Platz acht. (Quelle: PR-COM) Innovativer Wachstumsmotor: Aus Deutschland, Frankreich und der Schweiz werden die meisten Patente am EPA eingereicht. (Quelle: PR-COM) Jona van Laak leitet das PR-COM Research Lab in München. (Quelle: PR-COM)
30. Aug 2024

RESEARCH LAB SPOTLIGHT: DEUTSCHER ERFINDERGEIST BRAUCHT RÜCKENWIND

München, 30. August 2024 – Auch 2023 kommt mehr als ein Drittel der angemeldeten Patente der EU aus Deutschland: diese Innovationskraft ist ein wichtiges Rückgrat für die Wirtschaft. Doch sie bröckelt, denn in Relation zur Bevölkerungsgröße bleibt Deutschland seit Jahren unter seinen Möglichkeiten. Die Konsequenz ist klar, meint das Münchner PR-COM Research Lab: es braucht mehr IT-Expertise, agilere Rahmenbedingungen und die besten Fachkräfte.

Die Ideen deutscher Erfinder sind ein zentraler Faktor für den Standort Europa: Fast 25.000 Patente haben deutsche Unternehmen und Organisationen 2023 beim Europäischen Patentamt (EPA) angemeldet, knapp 350 mehr als in 2022. Damit ist die Bundesrepublik weiterhin der Spitzenreiter in Europa und für mehr als ein Drittel der neu angemeldeten Patente verantwortlich, wie Daten von Eurostat zeigen. Auf Platz zwei und drei folgen Frankreich mit knapp 11.000 und die Schweiz mit fast 9.500 Patenten.

Rückläufige Rate der Patente pro Einwohner

Was auf den ersten Blick überzeugend aussieht, relativiert sich allerdings, wenn man die Bevölkerungsgröße zugrunde legt. Hier liegt die Zahl der am EPA angemeldeten Patente pro Millionen Einwohner in Deutschland lediglich bei einem Wert von 296 und damit deutlich unter dem von anderen Staaten wie den Niederlanden (395), Dänemark (438), Schweden (488) oder der Schweiz (1067). Es ist also noch eine Menge Luft nach oben, um das Potenzial für neue Technologien und Innovationen bestmöglich auszunutzen. Denn bis Anfang der 2010er Jahre konnte Deutschland eine kontinuierliche, jährliche Verbesserung erzielen und stagniert seitdem auf diesem Niveau.

Digitalisierungsstau und sinkende Standortattraktivität

Zu den sichtbarsten Gründen für diese Stagnation zählen der Digitalisierungsstau, hohe Standortkosten (etwa durch Energie) und die damit einhergehende sinkende Standortattraktivität. Sie führt dazu, dass immer mehr Unternehmen sich aus Deutschland ins Ausland orientieren, wie zuletzt Miele, Otto oder BASF, und festigt das schlechte Geschäftsklima (Konjunkturumfrage des DIHK 2024). Diese Warnsignale machen deutlich, dass jetzt alle Hebel in Bewegung gesetzt werden müssen, um das digitale Know-how und damit die Innovativität zu stärken.

Für bahnbrechende Forschungsergebnisse sind Entwickler immer mehr auf spezialisierte Softwarelösungen und Methoden der Künstlichen Intelligenz und Big Data angewiesen. Sie sorgen zudem für einen Kreislaufeffekt. Durch Technologie-Expertise steigt die Attraktivität des Standorts für Fachkräfte, was wiederum die Entwicklungszyklen neuer Erfindungen beschleunigen. Doch die Rahmenbedingungen für die Rekrutierung von internationalen IT-Experten stellen deutsche Unternehmen vor störende Hürden. Langwierige Visaprozesse und Anerkennungsverfahren sowie rechtliche Auflagen und die Digitalisierungsdefizite erschweren den Prozess und werden sich daher langfristig auf die Innovationskraft niederschlagen.

„Für die Technologie von morgen, muss man heute die richtigen Weichen stellen“, betont Dr. Jona van Laak, Leiter des PR-COM Research Lab in München. „Auch wenn die Innovativität in Deutschland in absoluten Zahlen hoch ist, so zeigt die Stagnation bei den Patenten pro Einwohner, dass digitale Vorreiterstaaten sich auf der Überholspur befinden. Sie sollten ebenso Vorbild wie Warnung dafür sein, welch wichtige Rolle eine effektive Digitalisierung für den wirtschaftlichen Wohlstand und damit auch den sozialen Zusammenhalt hat.“